Monday, January 28, 2013

Emma Donoghue - Raum


Bedrückend, eindrücklich und beeindruckend.
Emma Donogue schildert die Geschichte des fünfjährigen Jacks. Jacks Mutter ist seit sieben Jahren Gefangene eines Mannes, den sie Old Nick nennen, sie leben in einem 12qm großen Raum. Jacks Universum ist begrenzt auf das, was in Raum passiert und was er im Fernsehen anschauen kann. Doch seiner Mutter wird zunehmend klar, dass Jack unter diesen Bedingungen nicht psychisch und physisch gesund aufwachsen kann, auch wenn sie sich alle Mühe gibt.
So ersinnt sie schließlich einen nicht ungefährlichen Plan, bei dem Jack sich zunächst totstellen, dann fliehen und vor allem die Mutter retten muss. Der zweite Teil des Romans schildert die sehr schwierige Phase der Gewöhnung an das Draußen, das Jack zunächst ängstigt und das er nur zögernd für sich entdeckt. Gleichzeitig hat auch seine Mutter mit den seelischen Folgen der Gefangenschaft zu kämpfen, deren Aufarbeitung Zeit braucht. Der Roman endet mit einem Abschiedsbesuch in Raum.
Erzählt wird alles aus der Perspektive des Fünfjährigen, mit dessen beschränktem Verständnis der Welt, seiner Angst, Grammatikfehlern, aber auch mit der emotionalen Klarsicht des Kindes.
So wie ihn die Mutter vor der direkten Konfrontation mit Old Nicks Missbrauch schützt, erfährt auch der Leser nicht mehr über diese Grausamkeiten, so dass einem ein aufgezwungener Voyeurismus in dieser Hinsicht erspart bleibt.
Beeindruckend ist die Klarheit der Erzählung, was die wirklich wichtigen Dinge angeht. Liebe und Geborgenheit können vor Verletzungen schützen, selbst in den schwierigsten Situationen. Und selbst wenn die Mutter nicht immer stark sein kann und ein zwischenzeitilicher Zusammenbruch vielleicht sogar notwendig für den Heilungsprozess ist, so versteht Jack es mit seinem kindlichen und noch begrenztem Weltverständnis doch die wesentlichen Dinge und kann seine Mutter stützen.
Die Interpretation des Buches von Matthias Brandt (der mir bereits bei Kehlmanns Der fernste Ort gut gefallen hat) ist stimmig und passt, eine große Leistung, wenn man bedenkt, dass hier die Gedanken eines Fünfjährigen umgesetzt werden müssen. Der Roman wurde für die Audiobook-Fassung gekürzt, was mir jedoch nicht negativ aufgefallen ist.

Emma Donoghue, Raum. Osterwoldaudio 2011.

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